"Mit anderen Augen sehen" - täglicher Impuls in der Adventszeit 2020

Er kam aus Tansania, war schon vor einigen Jahren zum Priester geweiht worden und hatte auch in den Nachbarländern Tansanias als Priester gearbeitet. Wir lernten uns im Herbst seines zweiten Jahres hier in Deutschland kennen.

 

Was er hier in Nordeuropa vor beinahe zwei Jahren zum ersten Mal erlebt hatte, das hatte seine Vorstellung und seine bisherigen Erfahrungen bei weitem übertroffen: Es war bitter kalt. Er fror an Händen und Füßen und überhaupt. Er brauchte mehrere Anläufe um entsprechende Kleidung und Schuhe zu kaufen. Dass die Menschen hier nicht nur geschlossene Schuhe tragen, sondern dass diese auch noch knöchelhoch und gefüttert sein können – unvorstellbar.

 

Kleidung in Schichten übereinander zu tragen, also im sogenannten "Zwiebellook", war etwas gänzlich Neues für ihn. So musste er mehrfach losziehen, bis endlich alles so war, dass er nicht mehr fror.

 

Was ihm, so erzählte er mir, allerdings sehr vertraut vorkam, das waren die kahlen Bäume. Wie bei ihm zu Hause in Tansania, wurde hier offensichtlich auch Brandrodung betrieben. Sogar mitten in den Dörfern und Städten! Wie erstaunt war er dann im darauffolgenden Frühjahr - als es für ihn gefühlt immer noch lausig kalt war - dass die Bäume blühten und wieder grüne Blätter trugen.

 

Seit mir Pater S. davon erzählt hat, schaue ich die Laubbäume im Winter mit anderen Augen an und erfreue mich an der schöpferischen Klugheit, Bäume in Nordeuropa Winterschlaf halten zu lassen. Vielen Dank, Pater S.!