Gemeindereferentin Ruth Winterscheidt trug Texte und Deutungen vor, Regionalkantorin Holle Goertz übersetzte die Gedanken sehr einfühlsam und gekonnt ins Musikalische. Sie spielte auf der historischen König-Orgel: das Magnificat primi Toni von Hieronymus Praetorius (1560-1629); Meine Seele erhebt den Herrn von Johann Pachelbel (1653-1706); Meine Seele erhebt den Herrn BWV 648 von J. S. Bach (1685-1750); Fuga sopra Magnificat BWV 733 von J. S. Bach. Für die Registrierung und zum Umblättern der Noten stand Niklas Toporowsky bereit. Der 16-Jährige freute sich über diesen „Job“. Der Nachwuchsorganist sagte: „Auf diese Weise lerne ich immer neue Stücke kennen.“
Auszüge aus den Ausführungen von Ruth Winterscheidt:
Einführung und biblischer Text
Magnificat - „Meine Seele preist die Größe des Herrn
und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter!“
In dunkler Zeit, geprägt von Unterdrückung, Ausbeutung und Hinrichtungen geht einem jungen Mädchen (im Alter von etwa 14/15 Jahren) vor mehr als 2000 Jahren die Freude und Hoffnung nicht verloren. So lesen wir im ersten Kapitel des Lukas-Evangeliums.
Die Ursache ihrer Freude drückt Maria in einem Jubellied aus, das aus ihr in Anwesenheit ihrer Verwandten namens Elisabeth herausbricht:
Da sagte Maria:
Ich preise den Herrn
und singe vor Freude über Gott, meinen Retter!
Ich bin nur eine einfache Frau,
ein unbedeutendes Geschöpf vor ihm,
und doch hat er sich um mich gekümmert!
Von nun an wird man mich glücklich preisen
in allen kommenden Generationen;
denn Gott hat Großes an mir getan,
er, der mächtig und heilig ist.
Sein Erbarmen hört niemals auf;
er schenkt es allen, die ihn ehren,
über viele Generationen hin.
Nun erhebt er seinen gewaltigen Arm
und fegt die Stolzen weg samt ihren Plänen.
Nun stürzt er die Mächtigen vom Thron
und richtet die Unterdrückten auf.
Den Hungernden gibt er reichlich zu essen
und schickt die Reichen mit leeren Händen fort.
Unseren Vorfahren hat er zugesagt,
Israel Güte und Treue zu erweisen.
So hat er es Abraham versprochen
und seinen Nachkommen für alle Zeiten.
Nun hat er sich daran erinnert
und nimmt sich seines Volkes an.“
Meine Seele preist die Größe des Herrn,
und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.
(Lk 1,46-55, DIE GUTE NACHRICHT – DAS NT IN HEUTIGEM DEUTSCH, Deutsche Bibelgesellschaft 1967, 1975, 1982)
Auch in dem zu Ende gehenden Jahr 2020 haben wir Menschen, weltweit und jeder / jede Einzelne von uns, Neues dazulernen können.
Neuerworbene Nachrichten, Erlebnisse und Erfahrungen mögen uns nicht gefallen, haben Verhältnisse durcheinandergewirbelt, verändert (und) „auf den Kopf gestellt“.
Mag sein, wir wachen des morgens auf und glauben, uns in einem surrealen Alptraum zu befinden:
Not, Leid, Trauer, Kummer und Sorgen allüberall - dazu Lügen, Verleugnen und Vertuschen im virtuellen und politischen Dschungel der „alternativen Wahrheiten“.
Vor mehr als 2000 Jahren warteten Menschen in Israel sehnsüchtig auf jemanden, der sie aus i h r e m täglichen Alptraum aufwecken und herausholen würde.
Das junge Mädchen Mirjam erwartete ein Kind.
Ihre Freude darüber war groß,
so groß wie ihre Hoffnung, dass Gott Jahwe die elenden Lebensbedingungen und ungerechten Machtverhältnisse umkehren werde.
Gott Jahwe kann „aus Schwarz Weiß und aus Weiß Schwarz machen“.
Was Menschen „gut“ und „richtig“ nennen,
das ist im Urteil Gottes wohl oft genug „übel“ und „falsch“.
Gott kehrt menschliche Maßstäbe und Wertvorstellungen ins Gegenteil um.
Können wir zusammen mit Maria jubeln vor Freude?